Trailrunning als Familienerlebnis

Hüpfen, tänzeln und balancieren ­– Trailrunning mit der ganzen Familie erleben

Trailrunning wird oft als Extremsport wahrgenommen. Man denkt an top trainierte Läufer, die in einem halsbrecherischen Tempo einen Berg hoch und runter rennen. Meine Empfehlung – Trailrunning als Familie zu erleben – wird darum meistens mit einer Mischung aus Staunen und Unverständnis quittiert. Daher lade ich dich ein, wenigstens für einen Moment den wunderbaren Sport Trailrunning mit meinen Augen zu sehen:

Es ist ein wunderbar warmer Sommerabend. Perfekt, um noch eine Runde draussen zu trailen. Die Kinder brauchen nach einem langen Tag Schule ebenfalls frische Luft – dringend! Am liebsten möchte ich laufen gehen, den Wald geniessen und auftanken. Gleichzeitig möchte ich aber auch Zeit mit der Familie verbringen. Nur, Kinder wollen nicht laufen gehen, oder? Stimmt. Kinder und Jugendliche sind grösstenteils wenig begeistert, wenn sie zu einer Joggingrunde aufgefordert werden. Aber! Kinder lieben spielerische Herausforderungen. Darum versuche ich es so: «Kommt ihr mit mir trailen? Wir tänzeln auf dem Waldpfad wie die Gämsen, hüpfen über Wurzeln und balancieren über Baumstämme. Wenn es aufwärts geht, marschieren wir.»

Bei der jüngeren Tochter leuchten bereits die Augen – Yes! Die Schwester hole ich damit ab, dass sie mit dem Bike die langweilige Kiestrasse bis zum Trail zurücklegen kann. Die schwerste Hürde ist geschafft, wir bereiten uns vor. Bequeme Sportsachen, Sonnenbrille und eine Weste mit Wasser und Gummibärchen. Wir starten bewusst sehr gemütlich, denn der Einstieg fällt oft schwer. Auch mein Körper braucht etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen.

Zeit – das Schlüsselwort auf Trailtouren mit Kindern. Genügend Zeit einplanen und die Lauf-Pace komplett streichen. Dafür jeden Moment annehmen, so wie er ist. Nach dem Einstieg sind wir warm und freuen uns auf den Trailspass. Übermütig rennen wir los, obwohl der Pfad aufwärts führt. Ich lasse sie austoben. Lachend versuchen sich mich und einander abzuhängen oder zu fangen. Wir springen über Wurzeln und Steine im Zickzack zwischen den Bäumen.

Schon bald ist die Luft raus und die Köpfe rot. Wir halten inne, mitten auf einer kleinen Lichtung im Wald. Damit wir in Bewegung bleiben und die brennenden Beine vergessen, versuchen wir über einen umgekippten Baumstamm zu balancieren. Das Ausgleichen mit den Armen hilft auch beim Trailen. Spielerisch üben wir so ein paar technische Kniffe. Nach ein paar Minuten üben, marschieren wir weiter bergauf. Wir teilen die Strecke auf, nehmen immer nur Stück um Stück. Nach jeder Wegbiegung erfindet ein anderer eine Challenge. Mal ist es eine Kraftübung, mal ein Slalom zwischen jungen Tannen und einmal schlagen wir sogar ein Rad mitten im Wald. Hin und wieder gibt es kleine Pausen. Zeit zum Trinken und für ein Gummibärchen. Diese geben sofort neue Energie für Kopf und Körper. Schon bald sind wir zuoberst angelangt.

Jetzt kommt der coolste Teil, der Downhill! Bevor wir starten, wiederholen wir die wichtigsten Tricks beim runter trailen. Kopf hoch, Vorausschauen, mit den Armen balancieren, ausatmen nicht vergessen und ganz viele, kleine und schnelle Schritte machen. So kann man sich viel besser ausgleichen oder auffangen, wenn mal ein Fuss abrutscht. Und dann geht’s los! Wir fliegen schon fast über den Trail. Ich staune, wie wohl sich die Kinder schon fühlen und freue mich, dass sie mindestens genauso viel Spass haben wie ich. Da darf auch ein freudiger Juchzer nicht fehlen. Nach dem Downhill joggen und radeln wir gemütlich nach Hause. Daheim angekommen klatschen wir stolz und zufrieden mit einem High-Five ab und plaudern über unser Erlebnis.

Solche Momente sind ein grosses Geschenk. Darum ist Trailrunning für mich so viel mehr als einfach ein Sport oder ein Hobby. Trailrunning ist Ausgleich, Erholung und Auftanken. Und, Trailrunning ist ein Erlebnis für die ganze Familie. Trau dich und probiere es selbst aus!

Geschrieben von Angelika Lehmann